2. August 2017

Die Stadttauben im Miet- und Wohneigentumsrecht

Sie gelten als Synonym  des Wohlstands, wenn sie einem gebraten in den Mund fliegen, sind Kindern schon als Symbol für den Frieden bekannt und dienen nicht zuletzt als Kosewort – Tauben gehören heute zum alltäglichen Bild moderner Städte und lösen doch immer wieder heftige Diskussionen aus. Ihre Hinterlassenschaften mögen unangenehm sein, sind aber weit weniger gefährlich, als angenommen wird.


Die Sonne strahlt mit voller Kraft, der geliebte Balkon ist liebevoll  mit Blumen bepflanzt und die Gartenmöbel sind arrangiert – die Vorfreude auf schöne Stunden beflügelt uns und veranlasst zum Verweilen. Bis die Tauben kommen, sich ausgesprochen wohl in einer Nische der Hausfassade oder auf einem Fensterbrett fühlen und nicht nur die Böden verschmutzen, sondern sich auch akustisch eindrücklich bemerkbar machen. Spätestens jetzt ist für viele Wohnungseigentümer oder Mieter der Zeitpunkt für Gegenmaßnahmen oder eben die Beschwerde beim Vermieter gekommen. Welche Regelungen sehen Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht aber vor?


Woher kommen eigentlich unsere Stadttauben?

Bei unseren geflügelten Stadtgenossen handelt es sich nicht um eine eigene Spezies, sie stammen nämlich generell von Felsentauben ab. Aus diesen wurden wiederum die Haus- und Brieftauben gezüchtet, deren verwilderte Nachkommen nun in unseren Städten leben. Genau diese Abstammung macht unsere Häuser für Stadttauben so interessant, denn sie nisteten einst in Felswänden und fühlen sich in den Häuserschluchten an sie erinnert. Vor allem aber sind sie treu: Haben Sie sich einmal an einem Nistplatz eingerichtet, kommen sie gerne immer wieder.

Unter dem Strich lässt sich also festhalten: Unsere heutigen Stadttauben gehen auf Zuchttiere zurück, die geschwächt oder verletzt in den menschlichen Siedlungen zurückgeblieben sind und sich erfolgreich vermehrt haben. Der Taubenmist ist natürlich lästig, sollte er direkt vor Wohnungstüren, auf Balkonen oder der Fassade landen. Das Vorurteil, dass dieser hochinfektiös wäre, hat sich jedoch nicht bestätigt. Wie bei jedem Wildtier können vor allem Pilze und Bakterien übertragen werden, aber bei Weitem nicht in dem Ausmaß, das den Stadttauben unterstellt wird.

Welche Pflichten ergeben sich aus dem Miet- und Wohnungseigentumsrecht?

Natürlich sind Vermieter dazu verpflichtet, Gebäude und Wohnungen vor Stadttauben zu schützen – was ja nicht zuletzt im eigenen Interesse liegen dürfte. So sind zum Beispiel Öffnungen in der Fassade oder im Dachstuhl zu schließen, wenn diese zum Einrichten eines Nistplatzes animieren. Was aber grundsätzlich nicht erlaubt ist: Stadttauben dürfen nicht getötet werden – und das sollte auch nicht das Ziel der Gegenmaßnahmen sein. Es ist zwar nicht so einfach, die ausgesprochen anhänglichen Vögel davon zu überzeugen, dass das Fensterbrett oder der Balkonkasten nicht der geeignete Platz zum Nisten ist, aber es ist möglich.

Einerseits empfehlen sich optische Reize, wie Flatterbänder, Windspiele oder Windräder, allerdings gewöhnen sich die schlauen Stadttauben schnell daran. Attrappen von Raubvögeln, wie beispielsweise Raben, die regelmäßig neu positioniert werden, könnten einen länger anhaltenden Effekt bringen. Andererseits zeitigen akustische Signale, wie etwa Hundegebell oder Raubvogelgeschrei, gute Wirkung, lassen sich jedoch in der Stadt schwerlich nutzen. Als Alternative kämen Netze in Frage, die jedoch so beschaffen sein sollten, dass sich Stadttauben nicht verletzen können.

Der Vermieter muss auf jeden Fall aktiv werden, will er nicht eine Mietminderung riskieren. Die Rechtsprechung geht an dieser Stelle weit auseinander, in er Regel wird dem Mieter allerdings Recht gegeben, soweit der Vermieter keine probaten Schutzmaßnahmen ergriffen hatte und eine echte Beeinträchtigung der Lebensqualität gegeben war. Auf Spikes sollten Betroffene jedoch nicht zurückgreifen, die Tiere werden verletzt – und das lebensgefährlich. Was er allerdings darf: Der Mietvertrag kann eine Klausel enthalten, die das Füttern von Stadttauben verbietet. Und daran haben sich die Mieter auch zu halten.

Wie könnte eine nachhaltige Strategie zum Thema Stadttauben aussehen?

Gleich vorweg: Es gibt keine einheitliche Lösung, aber einige interessante Ansätze, wie beispielsweise kommunal organisierte Nistplätze, die eine medizinische Behandlung und Geburtenkontrolle ermöglichen. Hier werden einfach die gelegten Eier gegen Attrappen ausgetauscht, was sich übrigens auch für den Hausgebrauch empfiehlt, sollte sich ein Gelege in Reichweite befinden. Die Taube wird so animiert, immer weiter zu brüten und sich in dieser Zeit nicht erneut paaren.

Sollten die verschiedenen Maßnahmen auf Dauer keinen Erfolg erzielen, hilft wohl nur eines: sich mit den geflügelten Mitbewohnern zu arrangieren. Sie gehören ebenso selbstverständlich in unser Stadtbild wie andere Tiere in den Grünanlagen, über die wir doch froh sind. Wäre es nicht traurig, wenn wir ganz alleine in tristen Häuserschluchten leben würden? Etwas mehr Toleranz und vor allem Respekt vor Flora und Fauna würde uns allen gut zu Gesicht stehen – und das Gurren unserer geflügelten Nachbarn ist doch deutlich angenehmer als der allgegenwärtige Lärm einer Großstadt.


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